Zuerst:
H., tut mir leid, geplant waren an dieser Stelle trickreiche, schnelle schwäbische Maultaschen mit 3 unterschiedlichen Füllungen.
Sie sind durch mein Küchenchaos aufgeschoben.
Hierzu schnell noch eine Beichte: Ich passe nicht in diese schönen neuen Küchenwelten. Glatte Hochglanzflächen, spiegelnde Böden, fehlende Hindernisse, Makellosigkeit neuer Designerküchen -das Haus um die Küche gebaut-verursachen mir Unwohlsein. Es scheint mir das Gegenstück der deutschen Hausfrau zum besten Stück ihres Angetrauten, dem Auto des würdigen Herrn zu sein.
Schramme=Weltuntergang.
Ich bin der zuverlässige Schrammenmacher. Ein Schwiegermutter-Hassobjekt.
Zum Stollen:
Es ist ein Festtagsgebäck.
Hohe Anforderungen des Genießers verlangen gezielte Rohstoffauswahl und -vorbereitung. Keine Mätzchen.
Dadurch sind wir in Qualität und Verarbeitung ein gutes Stück näher an den eigenen Erwartungen.
Tränken der Oelsamen/Früchte, Wahl des richtigen Mehls (gutes Brötchenmehl), Butter oder Butterreinfett als Fettfraktion wirken sich außerordentlich positiv aus.
Weizenmehl:
550er ist die Empfehlung.
Gegenüber 405er sollte man eine dunklere Krume erwarten. Das kann durch Backversuche allerdings nicht bestätigt werden und das 550er hat günstigere Klebereigenschaften: Wichtig wg. des -bei schweren Stollen- maximal reichen (Fett/Oelsamen/Eier/Zucker) Teiges.
Im Vorteig sollte immer das (Kleber-) stärkere Mehl eingesetzt werden.
-Quellungsvorgänge geben ihm mehr Wasser: wichtig für Feuchtigkeit!
-der enzymatische Strukturabbau findet bei diesen Mehlen nicht so schnell statt (korrekt: braucht länger).
Dadurch werden Aufarbeitungseigenschaften, Endgare und Gärtoleranz positiv beeinflusst.
Auch schwere Stollen erfahren dadurch nicht die unerwünschten Setzungserscheinungen. Höhere Gebäckfeuchte führt zu längerer Frischhaltung.
Extremwertbetrachtung: Zu klebstarke Mehle führen zu grober Krumenstruktur und rissiger Oberfläche.
Verwendung von Vollkornmehl: möglich, wenn feinst gemahlen. (sonst negativer Einfluss auf Kaueindruck, Lockerung/Gebäckvolumen).
Grundlagen Teil I für heute beendet.
Rezept Angie-Stollen (Premium-Butterstollen)
Alljährlich findet ein Stollen-Care-Paket vorweihnachtlich seinen Weg ins Bundeskanzleramt.
Damit Ihr die Qualität der dorthin gelieferten Sollen beurteilen könnt, hier (verbürgt!) das Rezept:
1000g Weizenmehl 550
Früchtemischung:
400g Sultaninen
240g Zitronat (3mm)
160g Orangeat (3mm)
50g Rum
50g Kirschwasser
=900g Früchtemischung 12h bei 25°C durchziehen lassen
Mandel-Nuß-Quellstück:
200g Mandelstifte
50g Haselnüsse, geschält,ganz
beides etwas anrösten, die Haselnüsse danach grob brechen.
Mandeln mit 50g heisser Milch übergiessen und 15min quellen lassen.
danach abseihen,überschüssige Milch für den Vorteig verwenden.
Vorteig:
500g Weizenmehl, 550er
60g Frischhefe
350g Vollmilch
= 910g Vorteig im Spiralkneter 2min Stufe I, 4min Stufe II kneten,
Teigtemperatur 24°C (durch kneten und Vollmilchtemperatur gesteuert)
30min stehen lassen (Teigruhe)
Grundteigbereitung:
500g Weizenmehl 550er
910g Vorteig
500g Butter (bereitet Euch ein Butterstück, um die folgenden Zutaten homogen im Teig zu verteilen!)
120g Zucker
1 Eigelb
10g Stollengewürz
12g Salz
1,5g Zitronenzesten (Abrieb)
im Spiralkneter 2min bei Stufe I, 4min bei Stufe II kneten,
Teigtemperatur 24°C
15min stehen lassen (Teigruhe)
Premium-Butterstollenteig:
Früchtemischung mit Mandel-Nuß-Quellstück und Stollen-Grundteig vorsichtig vermengen/unterheben.
=3,2kg Premium-Butterstollenteig.
Sofort abwiegen, aufarbeiten und backen wie hier beschrieben.
Gute Ergebnisse erzielt man in der Stollenform oder in Ringen.
Schelli-Urteil: guter Traditionsstollen. Und wenn er seit Jahren so ins Kanzleramt geliefert wird (also über Hoflieferantenstatus verfügt) spricht das für seine Qualität.