Vergleich: Gute Brötchen

Heute noch eine Grundregel:

Der Bäcker, der nach gutem Brot/guten Brötchen strebt, sucht nach dem optimalen Verhältnis in folgender 3er-Beziehung:

a)Vorteig-Reifezeit

b)Anteil der Vor-/Sauerteige/Quell-/Kochstücke am Gesamtteig

c)Wasser/Feuchtigkeitsgehalt

Der Geschmack des Gebäcks verbessert sich mit der Dauer von a) und dem Anteil von b bzw. c).

Jetzt könnte man sagen: ok, für die besten Brötchen

in Urbi et Orbi

erhöhe ich den Anteil Vorteig auf 100% und lass‘ das Zeug eine Woche reifen.

Ergebnis:

Der Geschmack gewinnt(irgendwann auch nicht mehr), das Mundgefühl ist beleidigt, das Auge zudem. Durch den Abbau struktur-, gas- und wasserhaltender Elemente nimmt das Volumen (Porung) der zu backenden Teiglinge mit der Zeit ab. Insbesondere weil sich das durch die Stoffwechseltätigkeit der Mikroorganismen (Hefen, Bakterien)entwickelnde Gas (CO2)nicht mehr im Teigling halten kann, kommt es eben nicht zum ganz wesentlichen Ofentrieb. Folgendes Bild passt am besten zur Situation: einen löchrigen Luftballon kann man schlecht aufblasen. Übrigens bereiten die Hefen den Ofentrieb nur vor. Sie sind auch bei grösseren Gebäckstücken nach 10min Ofenhitze tot. Wenn man sich vergegenwärtigt, wieviel CO2 die Viecher in dieser Zeit produzieren können…weiß man, dass für den Ofentrieb andere Faktoren auch sehr wichtig sein müssen.

Also heißt es:

Kompromiss gesucht.

Und jetzt weisst Du, in welche Richtung Du marschieren kannst, wenn Dein Brot Deinen Erwartungen nicht entsprechen sollte.

Übrigens, zu einer Empfehlung eines der großen Weisen der deutschen Brotbloggerei:

Der Überstand (die trübe, dunkle Flüssigkeit die sich absetzt) beim Sauerteig mit höheren Teigausbeuten sei „Fusel“ und am besten wieder unterzurühren. Kann man machen.

Ich würde diesen Überstand (der aus oben beschriebenen Gründen auftritt) probieren (wenn es Fusel wäre, würd‘ ich ihn nicht unterrühren)und überlegen, ob ich diese Geschmackskomponente im Brot haben möchte. Danach handeln.

Rezept Weinheimer Weizenbrötchen mit langer, kühler Hefeteigführung:

Zutaten:
Weizenvorteig (TA 160)
200g Weizenmehl 550er
2g Hefe (Original: 0,5%)
120g Wasser,>
Im Spiralkneter

5min langsam
5min schnell

kneten lassen (klümpchenfrei verrühren geht auch)
bei Zimmertemperatur anspringen lassen
bei 4 bis 6°C (im Kühlschrank) 16 bis 18h reifen lassen

Brötchenteigbereitung:

800g Weizenmehl 550er
15g Backmalz inaktiv
22g Salz
20g Schweineschmalz (an dieser Stelle wichtig: Emulgatorfunktion, also auch volumen/porungsverantwortlich)
320g Vorteig
30g Hefe
460g Wasser, 30°C für einen warmen Teig

5min langsam,
5min schnell kneten.
Summe: 1680g Teig.

30min Teigruhe, warm stellen: ca. 30°C
Teiglinge aufarbeiten (abwiegen, schleifen)

min. 60min Endgare

bei 230 bis 240°C ca. 20min backen, anfangs beschwaden.

Alternativ:

Rezept Weizenbrötchen mit Weizensauerteig

Weizensauerteig (TA 200):
100g Weizenmehl 550er
10g Anstellgut/Starter
100g Wasser handwarm

klümpchenfrei verrühren und bei ca. 25°C 16 bis 18h reifen lassen.

Brötchenteigherstellung:

900g Weizenmehl 550er
15g Backmalz inaktiv
20g Schweineschmalz (an dieser Stelle wichtig: Emulgatorfunktion)
200g Weizensauerteig
30g Hefe
480g Wasser, ca. 30°C

Summe: 1680g Teig.

30min Teigruhe bei 30°C
Teiglinge aufarbeiten, mind. 60min Endgare
bei 230 bis 240°C ca. 20min backen, schwaden nicht vergessen.

Oh Wunder!

Geschmacklich liegen die Ergebnisse dieser beiden Rezepte sehr nahe beieinander!

Hier trau‘ ich’s mich zu sagen:

Beim Kurs In der Akademie Weinheim letzte Woche unter 15 Bäckermeistern und 2 hochqualifizierten Referenten hab‘ ich ungesehen die Markierungszettel von Weizenvorteig- und Sauerteigbrötchen vertauscht. Ohne mich zu verraten kostete es einige Energie, die Experten von der Wahrheit zu überzeugen.

Leichter fällt es, wenn man das frische Brötchen aufschneidet, die eigene Nase tief in das Brötchen steckt und den Duft aufsaugt. Die Sauerteigbrötchen haben dann eine wahrnehmbare säuerliche Note.

Weil ich schon jetzt bei über 540 Worten bin, gehe ich nicht darau ein, wie man zu einem schönen Ausbund -wie auf den Photos zu sehen- kommt.

Übrigens, die Weizensauerteigbrötchen bleiben länger rösch als die mit langer Hefeteigführung.

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