Karl-Heinz -mein Nachbar- ist inzwischen 78 und weiß genau, wie er mich locken kann:
Zunächst etwas Sozialhygiene trainiert und Belanglosigkeiten ausgetauscht, dann zeigte er auf ein Haus, ca. 70m entfernt und meinte:
Dort gab’s früher immer den besten Zwiebelkuchen. Nicht mit diesem weissen Boden, sondern richtig kräftig, mit Sauerteig.
Konkreteres war nicht aus ihm ‚rauszuholen.
Okay, dann mit diesem Grundstock an Informationen ans Werk:
Gräfenhainer Zwiebelkuchen
auf Sauerteigbasis
Sauerteig:
150 g Roggenmehl, 1150
150 g Wasser
15 g Anstellgut: Schelli: der hochaktive, milde von Meister Kasses
135 g Roggenmehl, 1150
150 g Weizenmehl 812er
160 g 5-Korn-Schrot (eine Laune meiner Vorratshaltung)
320 g Wasser
18 g Salz
10 g Hefe
Die ersten 3 Zutaten:
im warmen Wasser auflösen, mit dem Mehl vermischen, bei Zimmertemperatur ca.16h stehen lassen: Sauerteig.
Alle anderen Zutaten mit dem Sauerteig 7 Minuten kneten. Danach 20 Minuten Teigruhe.
Anschließend auf ein gut gefettetes Backblech verteilen, zur Gare stellen. Mit Hefe ca. 60 Minuten. Ohne Hefe ca. 90 Minuten, kommt auf die Aktivität des Sauerteiges an.
Backblech fetten: frische Butter bringt hier ein sehr schönes Aroma ‚rein. Meine Wahl fällt häufig auf des neutral schmeckende, gut trennende Bäcker-Sprühfett.
Zwischendurch Belag erstellen:
1 kg Zwiebeln schälen, stifteln
mit 150g Speckwurst (durchgeleierter, mild gepökelter, getrockneter Schweinebauch, Bauchspeck geht auch)
oder einem Butter-Olivenoel-Gemisch
5g Kümmel
Salz individuell (kommt auf Speckwurst-Gehalt an)
Pfeffer, grob zerstossen
bei kleiner Hitze golden schmelzen, dann abkühlen lassen.
Eiguss (der Koch mit Sendungsbewußtsein sagt „Royal“ dazu):
200g Creme fraiche
100g Sahne
3 Eier
50g Hartkäse, gerieben
20g Sellerieknolle mit dem Zestenreisser gerieben (Schellispezial, als Gewürz)
Piment d‘ Esprlette
Salz
verrühren.
Wenn der Teig gut aufgegangen ist, können die Zwiebeln, die auf 40°C oder weniger runtergekühlt sein sollten, auf dem Teig verteilt werden.
Royal (Eierguss) drüberkippen.
Bei 180°C 50min im vorgeheizten Ofen backen, evtl. abdecken. Keine Umluft.
Das Ding ist noch nicht durch:
Ganz entscheidend für den Genuß ist, das Stück Zwiebelkuchen Deiner Wahl vor dem Verzehr in einer Pfanne bei mittlerer Hitze mit etwas zerlassener Butter knusprig aufzubacken.
Selbst, wenn er heiß aus dem Ofen kommt: die knusprige Unterseite fehlt noch!
Nie ohne!
Kühlen, moussierenden Sommerwein dazu.
Rose-, Weiss-, Champagner… egal.
Rezept-Alternativen aus der Zeit:
http://www.zeit.de/lebensart/essen%20und%20trinken/2009-09/zwiebelkuchen-rezepte
Wertung:
Sehr gut.
Meine Wahl fiel auf einen milden, stoffwechselaktiven Sauerteig, weil der helle Weizenanteil im Teig recht hoch ausfällt.
Um Dinge zu verstehen, bediene ich mich gern der Extremwertbetrachtung.
In diesem Fall: stell Dir vor, Deine Frühstücksbrötchen hätten eine Säureintensität wie Dein dunkles Roggenvollkornbrot.
Eben. Geht nicht. Weizenteige vertragen nur deutlich geringere Säurewerte. Deshalb o.g. Entscheidung.