Richemont I: Roggenschrotbrot

Die Einladung kam von Michael.

Ob ich nicht Lust hätte, den Weizensauer-Kurs in Richemont mit Kumpel Felix und ihm mitzumachen.

Schelli stöhnt vernehmbar auf. Schmerzdurchdrungen.

Lust, nach Luzern, Richemont?

Mit zwei Extremisten als Bäcker-ich im Beigepäck?

Unbedingt!

So verbrate ich die restlichen Urlaubstage von 2014.

Weiß garnicht, wo die anderen hin sind.

Und lasse den eh’ nicht zu bewältigenden Haufen der Herausforderungen sprachlos stehen.

Also sprachlos in dieser Situation sind die Herausforderungen ob schellinscher Fahnenflucht.

Bisschen nervös war ich schon- die Elite der internationalen Backkunstausbildung…wird gemunkelt- sei hier anzutreffen.

Und dann das freundschaftiche Angebot, mitzureisen-Felix bäckt immerhin in der Nationalmannschaft.

Nein-nicht für die Nat…-das ist was völlig anderes!

Und Michael, sein Streben nach Perfektion, neuen Ideen, kleinsten Fehlern-solche, die andere-selbst vom Fach- nicht wahrnehmen würden, treibt ihn an, brennt in ihm. Immer mit sich ringend: was kann ich verbessern?

Und: beide trinken Rotwein!

Und sind Kumpels. Wie Sau.

Mit anderen Worten: allein deshalb war Richemont genial.

Zugegeben, die fachliche Kompetenz der Richemont-Trainer mußte unter die Lupe. Die INBP hält sich für den Sonnenkönig unter den Bäckerschulen in Frankreich (gleichbedeutend mit weltweit, da sind die Franzosen ähnlich selbstbewußt wie die Amerikaner, die Franzen allerdings mit Begründung), in Weinheim wird der Ton in Richtung Führungsanspruch immer lauter…und Richemont, Luzern: die leisen Schweizer tun vor allem ihre Arbeit, klein, fein, Kompetent und sehr sauber.

Der Asterix-Comic zum Thema ist eher untertrieben.

Um nicht weiter auszuschweifen:


Rezept Roggenschrotbrot:

Sauerteig:

250g Wasser
100g ASG Roggen 1370 (Original: Grundsauer Weizen, hell)
330g Roggenschrot

vermischen,

Teigtemperatur 27°C,

Teigruhe bei dieser Temperatur! (9 Stunden)

Sauerteigvolumen soll sich in dieser Zeit verdoppeln.

Hauptteig:

680g RST
510g Wasser
660g Roggenschrot
25g Salz

homogen vermischen

Teigtemperatur 27°C

Stockgare: 2 bis 3h

2 Laibe rund wirken

Dann straff rundwirken und flach drücken, mit Roggenmehl stauben und 100 bis 120 Min bei 27°C  zur Stückgare stellen.

So steht’s im Rezept. Mein Hauptteig hatte Brei-Konsistenz. Nix mit straff rundwirken…

Ein -der größte- Teil in die Holzrahmen, 2 freigeschoben…

Der reife Teigling zeigt Risse auf der Oberfläche.

Bei 270°C anbacken, nach 15min fallend auf 220°C.

Schwaden!

Nach 20min ablassen.

Dunkel ausbacken.

Schellis Urteil:

Dieses Rezept gefiel mir in seinen Prinzipien sehr gut, das Ergebnis in Luzern gar nicht. Der verantwortliche Bäcker hat sich verwogen-viel zu wenig Wasser. Ich stand daneben.

Der Teig war mir dort  deutlich zu fest, der Weizensauer als Anstellgut bringt m.E. nicht die Aromenvielfalt eines gut geführten Roggensauerteigs.  Deshalb -und weil der Anspruch an dieses Brot nicht ganz so hoch ist wie an Panettone- landet dieses Rezept zuerst in der Backstube.

Die beiden wesentlichen Unterschiede:

Mein Teig war deutlich weicher-und ich verwandte meine -stur bei 27°C geführte-1370er Roggensauer-Kultur.

Es sticht hervor:

-ein sehr einfaches Rezept mit unglaublichen Roggensauer-Aromen! (Honigaromen im Brot ohne Honig!)

-wunderbar mild, obwohl man meint, mit einer so deutlich sauren Vorkultur das Brot gleich kanalisieren zu müssen.

-anhaltend frisch, problemlos über 10 Tage…

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