Linguine in salsa eoliana

Mit meiner Bemerkung von der Erotik während der Essenszubereitung hab‘ ich den einen oder anderen Leser verstört. Dabei ist das für mich der rote Faden, an dem ich mich entlanghangele, um zu guten Ergebnissen zu kommen. So, wie die Zubereitung kann mir natürlich auch das Spiel auf der Zunge höchstes sinnliches Vergnügen bereiten. Schmackhafte Tomaten sind eine gute Voraussetzung für dieses Spiel.

Hier und da gibt’s schon ein paar aromatische Exemplare. Sie sind recht dankbare Kombinationspartner, ordnen sich gerne ein (nicht: unter) und rufen dann -also kombiniert- ein Geschmackskonzert hervor, das der Komponist immer wieder gern geniesst. In diesem Zusammenhang wundert mich die Zweidimensionalität eines in den letzten Monaten häufig zitierten und sicherlich wertvollen Buches. Der Schwerpunkt des Buches liegt auf der Kombination von zwei Lebensmitteln, dabei wird m.E. sehr viel Expertise gezeigt. Zu geringe Betonung in dem etwas unübersichtlichen Werk findet die Komposition, das Zusammenstellen von mehreren, bestimmten Aromen zu einem höheren (komplexeren) Ganzen.

Und schon bin ich wieder beim Thema:

Rohe Tomate+Gewürzmischung+Linguine+Olivenoel+Hartkäse

Für mich immer wieder eine Sensation, wie sich Knoblauch, Anchovis, Kapern, Chillies, Salz, Olivenoel zu einem Würzmittel zusammenfinden, das gemeinsam mit Tomatenconcasse, Hartkäse und Linguine geschmacklich in einer Liga spielt, die nur von wenigen deutschen Restaurants erreicht wird. Nicht alleine genossen -auf der Terrasse mit einem dichten Crémant- hat dieser einfache Teller das Potential, Auftakt für eine grandiose Nacht zu werden.

Ok, um nicht als Extremist gestempelt zu werden: leichter Rotwein geht schon auch. Meine Empfehlung. Das Rezept ist eine Offenbarung.

Rezept für 2:

Eoliana: nach Art der Aeolen (Bewohner der Äolischen Inseln) .

Gewürzpaste:
1 Chillischote, entkernt
2 Zehen Knoblauch
2 Anchovis, entoelt
15g Nonpareilles
3g Salz
20g Olivenoel: hier mag ich frisches, nach grünem Gras schmeckendes, ein wenig scharfes Oel.

Die festen Zutaten mörsern, das Olivenoel langsam dazulaufen lassen, zur homogenen Paste rühren.

Concasse:

3 mittelgroße Tomaten überbrühen, pellen, Blütenansatz ‚rausschneiden, würfeln. (Kantenlänge 0,5cm, Tomateninnereien behalten, sie sind besonders geschmacksintensiv)

Pasta:

220g Linguine kochen, Hartkäse ad libitum reiben.

Anrichten:

Pasta mit Hilfe einer Gabel aufgedreht auf den Teller bringen, darüber das Concasse, alles mit der Gewürzpaste (sparsam) beträufeln, Käse schneien lassen.

Aus zwei Gründen plädiere ich dafür, die Pasta nicht traditionell vom Koch in der Küche zu mischen und in der großen Schüssel zu servieren:

1. Das Posen ist dieser Pasta traditionell serviert, nicht möglich. Einfacher ausgedrückt: sieht schöner aus, wenn wie beschrieben vorgegangen wird.

2. Der betörende Duft, der beim Mischen aller Zutaten auf dem Teller des erwartungsvollen Partners entsteht, bekommt nur so den passenden Auftritt.

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