Brotbacken: Grundlagen

Warum kannst Du nicht einfach genau so ein Brot backen, wie Du es letzte Woche aus dem Ofen geholt hast?

Einfache Frage, einfache Antwort:

a) Disziplinlosigkeit, Faulheit, wieder mal die eigene Genialität nicht schriftlich

fixiert…

b) Entdeckungswahn, die Neugier, andere Wege zu versuchen.

c) Selbstüberschätzung: klar weiß ich nächstes Mal noch, wie ich das heute gemacht

habe! (ohne eine einzige Notiz)

So stelle man sich das Diskussionsniveau eines Fordernden (besser vielleicht eines freudig erwartenden Essers; hier mein Sohn) mit einem Lernenden (mir) über bestimmt 15 Monate in meinem Haushalt vor.

Brot zu backen kann sehr schnell bedeuten, sich als Jongleur ein paar Bälle zuviel ins Spiel zu holen. Wenn man gleich mit mehreren Vorteigen,  langer Teigführung, Kombination von Hefevor- und Sauerteig, unterschiedlichen Temperatureinflüssen beginnt, gibt es viele Hürden, an denen gutes Brot scheitern kann.

Deshalb arbeite ich mich hier schrittweise vom einfachen -dennoch wohlschmeckenden- Pizzabrot hoch in die komplexeren Regionen und stelle die Fallen vor, in die ich x-mal getappt bin. Dabei wird deutlich werden: Geringer Aufwandes bei guten und reproduzierbaren Ergebnissen ist erstrebenswert.

Entscheidend für ein gutes Brot ist ein Vorteig. Mindestens einer. Mancher Brotbackweltmeister kombiniert 3 oder 4  Sauer- und Hefevorteige  unterschiedlicher Teigausbeuten, Kornzusammensetzungen und Altersstufen. Die Detmolder 3-Stufen-Führung ist ein standardisiertes Beispiel für Aromen- (und Krumen)optimierung durch Vorteig.

Heute also Schellis Pizzabrot:

Pizzabrot deshalb, weil der Teig geeignet ist als dünne Pizzagrundlage, genauso gut aber auch als aromatischer Gassenhauer.

Rezept für ca. 1500g Brot

Vorteig:
500g Wasser, handwarm

mit
ca. 3g frischer Hefe

und
400g Weizenmehl, Typ 812
100g Hartweizenmehl (oder -gries)

verrühren

alles bei ca. 20°C abgedeckt min. 12h stehen lassen. Den Vorteig kann man übrigens gut mit der Nase beobachten: Während er anfangs breit mehlig-teigig riecht, duftet er, wenn er reif ist vielschichtig blumig alkoholisch.

Die gefräßige Hefe lässt das dem Weizen eigene Klebereiweiß (Gluten) auf Dauer nicht ungeschoren. Durch den Gluten-Abbau kann das für die Teiglockerung verantwortliche CO2 zu schnell entweichen. Ergebnis: Fladenbrot. Dem wirken wir entgegen, indem wir einen weiteren Schritt einbauen:

Hauptteig:

Vorteig

150g Wasser handwarm
10 bis 20g frische Hefe (je nachdem, wie schnell es jetzt gehen soll)
10g Backmalz, flüssig (muss nicht)
100g Hartweizengries
100g Roggenmehl
300g Weizen 812
25g Salz

Hefe und Backmalz im Wasser lösen, diese Mischung sorgfältig im Vorteig verrühren: irgendwelche Nester? auflösen!

Salz möglichst gleichmäßig im Mehl verteilen, alle Zutaten incl. Vorteig verkneten bis der Teig sich seidig und warm anfühlt. Ein fast erotischer Moment. Hier weißt Du: das Brot wird gut.

Teig auseinanderziehen, umschlagen, abgedeckt warm ca. 1h stehen lassen, vierteln, nochmal auseinanderziehen, umschlagen, ungefähr in Form bringen (ich bin da nicht so genau…) und die Viertel abgedeckt warm gehen lassen. bis sich die Teigvolumina deutlich vergrössert haben. Auf den folgenden Bildern sind 2 Besonderheiten wichtig:

1. Oberflächenveränderung

durch Bestreichen mit Salzwasser oder Stärkewasser, aufgekocht (unter Bäckern als „Bäckerwichse“ bekannt: 5g Stärke auf 50g Wasser), zwischen der Salz- und der Stärkeoberfläche sind farblich kaum Unterschiede auszumachen.

2. das letzte Brot in Form eines Chiabattas  bekam eine etwa 60 min längere Gare. Dadurch fehlte ihm (beabsichtigt!) die Kraft, die Kruste zu sprengen. Das ist (neben der Teigausbeute)  ein wesentlicher Punkt zur Steuerung der Rissbildung beim Brot.

Ofen nach dem ersten Teigfalten auf 250°C vorheizen, Bräter (am besten aus Gusseisen wg. der Wärmespeicherung) mit Deckel ‚reinschieben. Die Brote werden im Topf mit Deckel gebacken. Wichtig! Man benötigt keinen Extradampf, aus welcher Quelle auch immer und die Brote bekommen eine unvergleichliche Kruste.

Beim Einschiessen der Brote ist entscheidend, daß die Kerntemperatur der Teiglinge zwischen  25 und 33°C liegt. Erst bei diesen Temperaturen arbeiten die Hefen willig und der Bäcker wird doppelt belohnt: Aroma und Porung: genial!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

You May Also Like
Mehr Lesen

Prinzessinnen-Brioche

Prinzessinnen-Brioche oder: Luxus. Diesmal in echt. Nach der Fastenunterbrechung mit den Zimt-Dinkelbriochekugeln erwartet der Schelligaumen eine Osterverwöhn-Attacke. Doch…
Mehr Lesen

Seuchenschleuder

Gestern/vorgestern war wieder Backkurs in der Dresdener Ecke. der Zweite. Geniale Teilnehmer, geniale gemeinsame Zeit. Ich bin mir sicher,…
Mehr Lesen

Mein täglich Brot

Es war die reine Not! Das Brot vom nächsten -kleinen- Bäcker, der seinen Sauerteig selber führt, ist für…