Den Weichteigterroristen zum Trotze!

Die Weichteigterroristen (weiche Brotteige allein machen glücklich/jedes Brot unter TA180 ist unter meiner Würde….)

sollen mit diesem Beitrag Ihre Opposition bekommen.

Es gibt ein !glückliches! Leben mit gutem Brot jenseits dieser Vorstellungen.

Gutes Brot ist von so vielen Faktoren abhängig, dass man die Priorität eines einzelnen Focus quasi parken kann, um mit weniger kritischen Punkten, die statt mit der handwerklichen Kunst vielmehr mit Wissen um die Funktion einhergehen, zumindest kompensieren kann.

Mit anderen Worten:

Beherrsche Deinen Sauerteig und Deinen Ofen!

Arbeite mit einer Dir angenehmen Teigkonsistenz.

Dein Brot wird vorzüglich.

Für mich ist die Qualität des eigenen Sauerteigs -nach meiner letzten Exkursion nach Luzern/Richemont zum Sauerteigseminar von so übergeordneter Bedeutung für Resultat und Geschmack des Brotes, dass die Teigausbeute, der Wasseranteil im Brot dagegen weit hintan steht.

Mit einem guten Sauerteig (der unterschiedlichste Charaktere annehmen kann) bekommt Dein Brot ein so wunderbar betörendes, harmonisches Aroma, dass es sich nicht vor dem Vergleich mit einem großen Wein zu verstecken braucht.

Also: Behandele Deine(n) Sauerteig(e) nicht wie Deine „bessere Hälfte“, sondern eher wie Dein geliebtes Haustier. Katze, Hund, Kanarienvogel….Wenn Du sehr viel Liebe in Dir hast, gönn‘ Dir zwei Sauerteige…

Fühle sie mit den Fingern, atme sie ein, schmecke sie mit Zunge, Gaumen, geschlossenen Augen…um zu ergründen, wie es ihnen geht, wie reif sie sind. Um sie zu verstehen.

Mit diesen milden, milchsauren, alkoholischen,fruchtigen, kräftigen, wüchsigen Kulturen erarbeitest Du Dein eigenes, wunderbares Brot einfach und ohne weitere Hilfs(trieb)mittel. Der Charakter Deines Wunschbrotes entscheidet über den Weg Deiner Sauerteigkultur. Einleuchtend: Deine Führungsbedingungen bleiben konstant. Auch ein Kanarienvogel schätzt es nicht, neben Körnerkost eine tote Maus vorgesetzt zu bekommen.

Klar ist, dass Du Dich bei diesem Weg auf Dein Mehl verlassen musst. Es gewährleistet, dass die gleiche Verteilung der Mikroorganismen im Sauerteig, Herausbildung einer bestimmten Leitkultur den Charakter Deines Brotes bestimmt. Ein austauschbares 08/15-Mehl aus dem Discounter wird einen austauschbaren Geschmack -über den Sauerteig ins Brot- liefern. Deshalb ist meine feste Überzeugung, dass zu einem bestimmten (Sauerteig-) Brot mit individuellem Charakter ein Mehl aus einem definierten Anbaugebiet -genau wie beim Wein- gehört.

Zugegeben, das ist noch nicht Lehrmeinung an den führenden Universitäten…aber das kommt…

^^

Und -das haben die französischen Müller den deutschen voraus (cave: Schwarzweissmalerei!) -sie wissen, dass Bauer, Müller und Bäcker eine Gemeinschaft der gegenseitigen Abhängigkeiten bilden, hier funktioniert ein Zusammenspiel, es kommt zu Charaktermehlen, die man in den Broten guter Bäcker wiedererkennt.

Zum Beweis obiger Thesen gibt’s eine Bildergeschichte zum Ausgehobenen, Genetzten.

Wiederum ein echtes Schellibrot. Unaufwändig in der Herstellung, rustikal im Aussehen und hervorragend in Geschmack und Mundgefühl.

Ein Roggenmischbrot mit kräftiger 1370er Roggensauerteig-Grundlage und T80-frz. Landbrotmehl. Wer das französische Mehl nicht verwenden möchte, nimmt ein gutes 1050er Weizenmehl, evtl. zusätzlich 5 bis 10% Weizenvollkornmehl.

Rezept:

Vortag:

-Roggensauer vorbereiten:

120g frisches Anstellgut (vor 10 bis 36h gefüttert)
300g Wasser (je nach ASG-Temperatur zw. 30 und 45°C)
300g 1370er Roggen
6g Salz

miteinander homogen vermischen und bei ca. 29°C

12 bis 24h reifen lassen

-Poolish vorbereiten:

0,3g Frischhefe in
200g kaltem Wasser auflösen,

mit

200g T80 Landbrotmehl verrühren

abdecken, bei Zimmertemperatur gären lassen.

Backtag:

600g aktivierter 1370er Roggensauer (TA200)
400g Poolish
150g Wasser, ca. 40°C
500g 1370er Roggen
15g Salz

resultierende TA: 165

alles homogen vermischen, zur Gare im Kessel ca. 90min warm stellen. Teigtemperatur: 26 bis 29°C

Es kommt sehr auf die Aktivität der Sauerteigkultur und die Teigtemperatur an, wie lange der Teig im Kessel reift. Das Volumen sollte um ungefähr 60% zunehmen.

Backpapier auf den Schieber legen, mit nassen Händen den Teig vorsichtig in 2 Portionen aus dem Knetkessel heben, mit beiden Händen in der Luft -nicht auf dem Arbeitstisch- kugelig formen -mit möglichst wenig Volumeneinbußen- und auf dem Backpapier ablegen. Mit der 2. Portion ebenso verfahren.

Bei 260°C 10min anbacken, dann fallend auf 220°C ca. 40min ausbacken.

Schwaden!

…und nach ca. 10min Schwaden ablassen.

Schellis Urteil:

das Rezept ist -zugegeben- nicht weit entfernt von meinem Hammerbrot, mit etwas reduziertem Wassereinsatz und weniger Handgriffen bis zur Fertigstellung.

Es unterscheidet sich vor allem in Form und Krusteneigenschaften: Die mit nassen Händen geformte Kruste bleibt langelange rösch und ist von Anfang an deutlich knuspriger. Als angeschobenes Ausgehobenes bekommt man eine große Menge Brot auf die zur Verfügung stehende Backfläche.

Favoritenstatus!

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