Ofenführerschein: die wichtigste Erkenntnis

Tausche Brotbackquickie (gemeinsames Backen samstags) gegen Holzhacken.

Also: ich hab‘ Holz-und nen Backofen. Das Holz will gespalten werden…

ich will aber nich.

Jedenfalls nicht soviel.

Interessenten mögen sich bei mir melden-hier im Dorf wird Brotbackwissen nicht besonders hoch geschätzt, deshalb ginge dieses Angebot lokal zu meinen Ungunsten aus.

Die für mich wichtigste Erkenntnis aus dem Ofenführer-Seminar aus Weinheim war der Einfluß des Schwadens auf das Gebäck. Internetauf- und ab liest man in aller Regel recht undifferenziert in den Fachblogs: Schwaden ist gut und wichtig, je mehr je besser. Weder spielt in diesen Anleitungen die Qualität der Schwaden eine Rolle, noch die Differenzierung bei verschiedenen Gebäcken.

Das ist falsch!

Grundsätzlich gilt:

Mit richtig angewandter Schwadentechnik kann man Fehler, die vorher -bei der Arbeit am Teig- gemacht wurden, verstärken oder ausbügeln.

Man kann z.B., wenn unterschiedslos bei Baguette wie bei Roggen(lastigen)broten gleich geschwadet wird, es besser ganz lassen.

Betrachten wir, um die Phänomene zu verstehen, die Extrema.

Zunächst: was bewirkt der Schwaden?

-schneller Eintrag einer großen Energiemenge auf die Teiglinge im Ofen-sie werden dadurch aufgeblasen (Maximierung des Ofentriebs)

-der Dampf löst die Haut des Teiglings an: er wird instabil (Roggen mehr als Weizen), der Ausbund verschwimmt, durch Verkleisterung der Oberfläche bekommen wir eine langrissige, etwas zähe Kruste. Die Oberfläche des Brotes glänzt.

-andersrum: kein Dampf: geringerer Ofentrieb, das Volumen des Brotes wird geringer ausfallen, die Poren kleiner bleiben. Kann evtl. durch höhere Temperatur des Schamottes (Unterhitze!) ausgeglichen werden. Die Oberfläche des Gebäcks wird stumpf und reisst kurz, eine Verkleisterung hat kaum stattgefunden. Solche Brote bekommt man generell aus Steinbacköfen. Dort kann in aller Regel nicht geschwadet werden, weil der Schamottstein dadurch bald zerstört würde. Das wird natürlich von den Herstellern nicht angesprochen. Das Ergebnis sind rustikale Bauernbrote -es sei denn, man bedient sich verschiedener Tricks.

In Haushaltsöfen kann man sehr flexibel und effektiv schwaden. Selbst die Öfen mit einfachster Ausstattung eignen sich gut für’s Brotbacken, wenn sich eine maximale Temperatur von 270°C oder höher erreichen läßt.

Für den heutigen Versuch wird ein einfaches, mildes Paderborner Landbrot-Rezept einem Vergleich zwischen 2 Teiglingen mit unterschiedlicher Schwadentechnik zugeführt.

Rezept Paderborner Krusten-Landbrot:

Roggen-Sauerteig

20g  aktivierter Roggensauer (aktives ASG) in
200g Wasser lösen
200g Roggenmehl 1370 dazu, homogen verkneten, abgedeckt 6 bis max. 12h bei 30°C stehen lassen.

Hauptteig:

400g reifer Sauerteig
250g Wasser, handwarm, damit den Sauerteig auflösen
180g Weizenmehl 1050 (Schelli: frz. Landbrotmehl T80 Bio)
220g Roggenmehl 1370
12 bis 15g Salz

verkneten, 10min 1.Stufe

Teigtemperatur 26 bis 28°C

15min stehen lassen

Teig mit wenig Manipulation aus der Schüssel auf die Arbeitsfläche bringen, leicht bemehlen, halbieren,

mit möglichst wenigen Handgriffen zur Rolle formen und in 2 Gärkörbchen mit Schluß nach unten für ca. 1h stehen lassen.

Bei 270°C  einschiessen und ca. 50 min fallend auf 220°C backen.

Teigling 1: mit sofortiger Schwadengabe

Teigling 2: mit Schwadengabe nach 5min

Schellis Urteil:

sehr einfaches und gutes Brot. Für mich das Brot mit dem besten Aufwand-Geschmacksverhältnis.

Auch mit ungepflegtem Sauerteig backbar. Der dient dann eher als (nicht optimaler) Aromalieferant und benötigt Triebhilfe, die meist Hefe leistet. Die Ergebnisse werden etwas weniger gut. Für Leute, die öfter ohne Hefe backen schnell inakzeptabel. Auf den Bildern sieht man ein ausschliesslich Roggensauer getriebenes Roggenmischbrot mit ungewöhnlich grober, wilder Porung. Resultat aus sehr aktivem Roggensauerteig, warmer Führung und oben beschriebener, laxer Teigbearbeitung. Euch kann ich’s sagen: das ist so gewollt.

Durch das (normale) anfängliche Bedampfen fliesst der (!roggenlastige!) Teigling auseinander und fängt sich auch nicht mehr. Läßt man ihn -wie mit dem 2. Teigling (links im Bild) geschehen- zunächst 5min ohne Schwaden backen, stabilisiert sich die Kruste und er bläht sich nach Schwadengabe zusehends nochmal auf. Insgesamt bekommt er eine weniger flache, für mich schönere Form.

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