Ciabatta mit Lievito Madre

Eine sehr engagierte Kursteilnehmerin hat mir etwas von ihrem Lievito Madre (LM), einem milden Weizen-Hefe-Sauerteig zugesandt.

Vielen Dank liebe M.!

Solche Ereignisse dulden keinen Aufschub, sonst wird das nix mehr.

Einige italienische Traditionsbäcker verwenden LM als Triebmittel im Panettone oder in der Colomba.

Heute kursieren diese LM-Kulturen wie in den 70er/80er Jahren die Hermänner als Sauerteig-Kulturen.

Dabei handelt es sich um den mehr oder weniger natürlichen Mikroorganismen-Besatz in diesem Fall von Weizen, der über die Spontanvergärung die wünschenswerteren Keime wachsen lässt und die weniger wünschenswerten unterdrückt.

Das klappt erstens nicht immer und -selbst wenn es funktioniert- ist das Ergebnis oft nicht optimal.

Vergleich:

Weinwelt. Auch hier gibt es Winzer, die auf Spontanvergärung schwören. Viele Bauernweine beruhen auf diesem Prinzip.

Neugierige, die auf dem Lande Weine kleinerer und kleinster Erzeuger immermal testen, kennen den Charme dieser Gebräue.

Und den Unterschied zu den deutlich sauberer produzierten (keine Wertung! jedenfalls nicht von mir.) Weinen mit Starterkultur.

Ab und an gibt es tolle Ergebnisse. Winzerrisiko.

In diesem Zusammenhang hatte ich übrigens mal die Idee, ein Weizenbrot mit einer Weinhefe zu führen.

Ziel sollte sein, einen Teil der Wein-Aromen bei der Brotbäckerei einzufangen.

Eine Riesling-Kultur war es. Der erste Versuch schlug fehl-die Stoffwechselraten des Rieslings waren zu klein -anders: er war zu faul. Das Brot ging nicht auf und schelli wusste sich nicht zu helfen.

Ein 2. Versuch fand nicht statt.

Mit dem im letzten Jahr erworbenen Wissen würde ich inzwischen wie folgt verfahren:

1/3 Weizenvorteig mit Weinkultur (Fachjargon: Reinzuchthefe) nach Wunsch über 24h auf optimaler (für die Reinzuchthefe) Temperatur

2/3 Hauptteig mit Bäckerhefezusatz und Traubensaft für ausreichende CO2-Entwicklung.

Wenn die Tage wieder länger sind, versuch‘ ich’s nochmal…

Ciabatta mit Lievito Madre

fester Vorteig (Biga):

100g Weizenmehl Type 550
50g Wasser
50g Lievito madre

LM im warmen Wasser auflösen (am einfachsten maschinell, per Hand: Gewürge), mit dem Mehl homogen verrühren, abgedeckt für 12 bis 15h warm (30-35°C) stellen.

Zutaten Hauptteig:

Ciabatta-Teig
300 g Hartweizenmehl
700g Weizenmehl 812
350g Biga
ca. 750g Wasser, warm
30 g Salz

Vorteig (Biga) im warmen Wasser lösen, restliche Zutaten dazu, zu einem recht flüssigen Teig verkneten, für 1h abgedeckt warm stellen.

Auf bemehltem Untergrund mehrfach (3-4x mit 20-minütiger Ruhe zwischen den Gängen) dehnen und falten.

Teig teilen und ein letztes mal dehnen und falten.

2-3h Teigruhe, warm, abgedeckt, evtl. im Gärkorb)

Bei 270°C im Topf anbacken: Dazu den Teigling sachte aus dem Gärkorb in den heissen Topf befördern, Deckel drauf, nach 15min den Ofen auf 210°C stellen.

1kg Weißbrot hat bei mir eine Backzeit von ca. 1h.

Für Interessierte: je dichter das Brot (feiner die Porung), umso länger ist die Backzeit.

Die Physik dahinter: der „luftige“ Teigling leitet die Wärme besser, sie dringt sehr viel schneller zum Kern vor.

Schellis Urteil:

Das Brot sieht zum reinbeissen aus. Schönheitsfehler: ein Ciabatta sollte nicht aufreissen.

Mittel- bis grobporig, rösche, splittrige Kruste, Krume kurzbissig, etwas süsslich.

Dennoch: Mit dem Mundgefühl bin ich gar nicht einverstanden.

Es ist mir zu zähe, zu wenig flauschig, obwohl ich da sonst nicht kleinlich bin.

Das kreide ich meinem neuen Triebmittel, der Lievito Madre an.

Die notwendigerweise langen Standzeiten für ausreichende Volumenentwicklung gehen einher mit dem Abbau von Strukturbildnern im Brot.

Ausserdem hab‘ ich das Brot untersalzen. Dadurch fehlt einiges an Aroma.

Auch von der LM hab‘ ich mir eine grössere Aromenvielfalt erhofft, das liegt aber möglicherweise auch an meiner Salzdosierung.

Ich werde noch etwas trainieren müssen mit dem neuen Triebmittel.

Exkurs:

Seit einiger Zeit salze ich Brot und Nudelwasser mit Sole -ein Steinguttopf mit ca. 7l Inhalt steht neben dem Herd.

Die Löslichkeit von Kochsalz in Wasser ist einigermaßen temperaturunabhängig:

es befinden sich immer etwa 250 bis 260g Kochsalz im einem Liter Wasser in Lösung.

Im Topf liegt ein dickes -anfangs ca. 3kg schweres- Stück Bergsalz, ergänzt mit Leitungswasser.

Kann Einbildung sein, aber ich bin der Meinung, der Geschmack der damit gesalzenen Nahrung ist runder, nicht so scharf wie mit Kochsalz gesalzen.

Die Idee stammt übrigens von Österreichs Vorzeigebäcker aus dem WaldviertelErich Kasses.

Herr Kasses salzt einige seiner Brote mit Sole.

Und die sind grandios. Unbedingt probieren!

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